Alles Alleskönnerinnen!
Leider war der Spass nach gut zwei Stunden schon zu Ende.
Wenn die am Zürcher Schauspielhaus jetzt immer so tolle Sachen machen, dann sollte man sich keine einzige Inszenierung entgehen lassen. «Der erste fiese Typ» war eine der auserwählten Produktionen, mit denen sich die neue Intendanz am Wochenende den ZürcherInnen vorstellte. Die einzige Frage, die sich nach diesem fulminanten Auftakt stellt: Ist das noch zu toppen?
Dabei ist das Erfolgsrezept ganz einfach: Zuerst braucht man einen grossartigen Text. In diesem Fall ist es der Roman des US-amerikanischen Multitalents Miranda July über eine Birne um die vierzig (eine Birne ist eine Frau, die oben zierlich und unterhalb der Taille eher weniger zierlich ist), die unerklärlicherweise in einen Greis (also einen 65-jährigen Intellektuellen mit Rollkragenpullover) verliebt ist. Unglücklich verliebt natürlich. Der Greis geht nämlich lieber mit jungen Frauen (Frauen um die sechzehn) ins Bett. Zur unglücklichen Liebe kommen für die Protagonistin hinzu: ein unerfüllter Kinderwunsch, eine unerwünschte Mitbewohnerin und zahlreiche Neurosen.
Diesen grossartigen Text stutzt man nun gekonnt zusammen (Dramaturgie: Benjamin von Blomberg) und verteilt ihn auf zwei Schauspielerinnen, die einfach alles können: Slapstick, Drama, Kampfsport, leise, laut und vor allem auch mittel (Maja Beckmann und Henni Jörissen). Dazu braucht es noch eine Musikerin, die auch alles kann, also nicht nur singen und Klavier spielen, sondern auch schauspielern: Brandy Butler. Und weil aller guten Dinge vier sind, muss das Ensemble durch eine Videokünstlerin (Rebecca Meining) ergänzt werden, deren Bühnenpräsenz und zärtlich-skurrile Fantasie an Miranda July erinnern. Die Bühne lebt von wenigen, ausgewählten Alltagsrequisiten, vom sparsamen, aber wirkungsvollen Einsatz von Old-School-Theatertricks, wunderbaren Video-Close-ups und natürlich von der explosiven Energie des Ensembles. Zusammengeführt wurde das alles vom neuen Hausregisseur Christopher Rüping.
Leider war der Spass nach gut zwei Stunden schon zu Ende. Langeweile war noch lange nicht in Sicht, und auch das Ensemble machte beim Applaus nicht den Eindruck, als wäre ihm die Puste ausgegangen. Was für ein Versprechen!